Ich habe unlängst auf Instagram meine 3 Anzeichen dafür gepostet,warum du eine gute Lehrerin/Trainerin bist. Mich hat nämlich nach Anfang einer Unterrichtseinheit mit einem neuen Schüler beschäftigt, wie unser gegenseitiges Bild voneinander ist und da kam ich wieder mal auf die Frage nach meinem Selbstbild als Lehrerin.
Als Lehrkraft schätze ich meine SchülerInnen ein: ihren Wissenstand, ihre Bereitschaft, ihre Interessen. Und auch ich werde als Lehrkraft eingeschätzt: meine Fähigkeit zu erklären, meine Bereitschaft Raum für Fragen zu lassen und ein angenehmes Lernumfeld zu schaffen.
Und natürlich spielt dabei auch maßgeblich, die Sympathie auf beiden Seiten mit. Ich habe mich länger mit der Frage beschäftigt, ob das so in Ordnung ist: ob eine subjektive Variable gerecht ist und sie den Unterrichtsverlauf beeinflussen darf und soll. Meine Antwort ist ein ungebrochenes Ja. Ja, es ist in Ordnung, wenn die Chemie mitspielen darf, denn Menschen lernen von Menschen und Lernen ist am effektivsten, wenn es mit allen Sinnen geschieht, besser also, wenn man einen Draht zu seinem Gegenüber hat. Es macht also nur Sinn, dass dieses Lernen in einem freundlichen, freundschaftlichen Rahmen verläuft.
Mein erstes Anzeichen dafür, dass du eine gute Lehrerin/Trainerin bist, lautet also:
1. Du hinterfragst dich als Lehrkraft und deinen Unterricht.
Ich meine damit nicht, sich massakrieren, alles in Frage stellen, jeden Griff, jeden Einsatz eines Materials, Mediums oder Sozialform zu durchleuchten und in Kritik zu ertrinken. Hiermit meine ich, deine Bereitschaft offen für Impulse von außen zu sein und dich nicht als einzig gültige Instanz zu sehen.
So wie die Vorbereitung ist auch die Nachbereitung von Unterricht wesentlich – auch wenn sie vernachlässigt oder verdrängt wird. In die Vorbereitung steckt eine engagierte Lehrerin zum Teil viele Stunden. Mit Erfahrung und Übung wird diese Vorbereitung immer zielgerichteter und effizienter, sicherer. In die Nachbearbeitung von Unterricht fällt aber nicht nur die Korrektur von Arbeiten oder das Eintragen von Notizen. Vielmehr kann es zum Reflektieren des eigenen Unterrichts dienen.
- Was lief heute reibungslos?
- Was konnten meine Schüler auf Anhieb gut nachvollziehen?
- Wurde meine Hinleitung zum Thema gut angenommen?
- Gab es Übergänge, die nicht gelungen sind, wie gedacht? Woran lag das?
- Hatte ich ausreichend Zeit für die einzelnen Phasen? Warum ja, warum nein?
- Wie konzentriert war meine Lerngruppe? Woran lag das?
- Habe ich mein Programm vollständig vermitteln können?
- …
Ich meine hier also nicht, dass du dich als Lehrerpersönlichkeit starker Selbstkritik unterziehen sollst. Es geht vielmehr um ein aktives und objektives Auseinandersetzen mit deinem eigenen Arbeitsstil. Dies hilft dir, dich zu verbessern und dich als Lehrerin besser kennenzulernen. Frag dich immer wieder nach dem Warum deiner Reaktionen, Methoden und Überlegungen im Unterricht.
Als Lehrerin/Trainerin steht man an vorderster Front, egal ob in der Klasse, im eigenen Trainingsraum oder vor dem PC. Manchmal meint man, alles wissen zu müssen, perfekt sein zu müssen und geht dann oftmals aus Sorge vor Kritik nicht in den aktiven Austausch mit seinem Gegenüber.
Feedback-Abfragen sind dein Freund!
Doch neben dem eigenen möglichst ehrlichen Blick auf die eigene Lehrerpersönlichkeit, den du bspw. anhand der obigen Fragen schulen kannst, sind deine SchülerInnen eine wertvolle Quelle, um dich als Lehrerin kennenzulernen und zu stärken.
In meinen ersten Jahren als DaF-Trainerin in Italien war ich mir oft sehr unsicher. Ich setzte Ideen und Inhalte so um, wie ich sie mir überlegte. Schulungen, Ausbildung und vor allem Erfahrung stärkten mich erst nach und nach und waren mir dann eine Bestätigung für mein Bauchgefühl, das ich von Anfang an mit ins Klassenzimmer nahm.
Mit der Erfahrung und der Routine kam auch immer mehr Lust auf, mich herauszufordern, Neues auszuprobieren und natürlich immer besser zu werden. Das von Institutswegen aufgedrückte Feedback am Kursende war mir lange ein Dorn im Auge, bis ich – wagemutig wie ich geworden war – richtigen Gefallen daran fand, meine SchülerInnen, meine erwachsenen TeilnehmerInnen aktiv zu befragen und sie somit in die Unterrichtsplanung einbinden zu können und sie so auch in ihre Verantwortung am Lernprozess zu rufen.
Feedback ist mir heute das schönste!
Deine Lerngruppe ist nicht da um sich von dir berieseln zu lassen. Sie ist dir ein wertvoller Spiegel. Nutze ihn und hab den Mut in den Spiegel zu schauen! Wie das geht?
Binde deine Lerngruppe oder deine SchülerIn aktiv in den Unterricht ein! Lass sie wirklich teilhaben und im Rahmen des Möglichen den Unterricht mitgestalten!
- Feedback-Abfragen: Du kannst sie zu unterschiedlichen Zwecken und in unterschiedlichen Lernmomenten durchführen
- Transparenz und Eigenverantwortung
Transparenz im Unterricht und Verantwortung beim Lernen
Zum zweiten Punkt möchte ich erklären, dass ich mir angeeignet habe, meinen SchülerInnen den Nutzen einer Aufgabe zu erklären. Besonders im Sprachunterricht sind Spiele für neue Teilnehmer oftmals ungewohnt. Um einen Erwachsenen auf ein Spiel einzustimmen, ist es kein Fehler, ihm den Nutzen, den Vorteil zu nennen, den er aus dem Rollenspiel, dem Kartenspiel oder anderem sprachlich ziehen wird. Sobald ein Erwachsener weiß, warum er etwas machen soll, ist er besser bei der Sache (Das ist bei Kindern nicht immer nötig. Sie lassen sich eher auf Spiele ein.)
Außerdem stelle ich – soweit ich kann – an bestimmten Stellen im Unterricht die Wahl an meine SchülerInnen: Wollt ihr das oder das? Wollt ihr Lesen oder Sprechen? Wollt ihr ein Spiel oder eine Höraufgabe?
Manchmal habe ich – in meiner umfangreichen Vorbereitung / oder Erfahrung – so viel Material angehäuft, das beides zum gewünschten Lernziel führt, jedoch auf unterschiedlichen Wegen. Daher überlasse ich die Wahl meinen SchülerInnen. Oder aber ich bin flexibel genug, weil es die Zeit erlaubt, um einen neuen Schwerpunkt zu setzen und auf die Wünsche der TN einzugehen.
Da deine SchülerInnen auch in den Unterrichtsablauf einbringen, werden sie sich ihrer Eigenverantwortung beim Lernen auch stärker bewusst. Dadurch, dass sie mitentscheiden dürfen, bestimmen sie Inhalte und Methoden. Sie übernehmen Verantwortung. Diese haben sie immer, doch durch diese Möglichkeit, wird sie greifbar.
Verliere ich als Lehrerin/Trainerin an Autorität?
Die Sorge an Autorität zu verlieren, ist nicht notwendig. Dadurch, dass ich als Lehrkraft begründe, warum ich etwas durchnehme oder warum ich den SchülerInnen an dieser Stelle die Wahl überlassen kann, ist Ausdruck für meine Kompetenz und daher auch für meine Alleinstellung und Autorität.
Als Lehrerin sehe ich mich wie ein Kompass: Den Weg gehen müssen die SchülerInnen. Ich zeige den Weg an und kann vor Abwegen und Umwegen warnen oder hinweisen.
Es ist gut, sich als Lehrkraft immer wieder ein Bild vor Augen zu rufen, wie man sich selbst als Lehrperson sieht und sehen möchte. Es hilft dabei sich in herausfordernden Momenten neu auszurichten.
Ich habe bisher immer erlebt, dass es im Unterricht (wie im Leben) darum geht, authentisch zu sein. Das Lernen an sich weckt so viele innere Geister, Glaubenssätze und so manch erwachsener Lerner, muss erst Vertrauen in sich und die Lehrkraft fassen, um sich tatsächlich auf den Lernprozess einzulassen: Fehler, Fragen, Unsicherheit… Vieles wird im Lerner geweckt. Ist die Lehrerin/Trainerin hier transparent, offen und interessiert, ist das eine hervorragende Grundlage für konstruktives, gemeinschaftliches Lernen.
In meiner Anfangszeit hatte ich noch gegenteiligen Zugang versucht: Ich bin rein in die Klasse und habe stur mein Programm durchgeführt. Was passiert, wenn man mit vermeintlicher Kraft in etwas hineingeht? Man stößt auf Gegenkraft und es entsteht Reibung, es wird zu einem Kräftemessen.
Besonders in Gruppenkursen gibt es die TeilnehmerInnen, die gerne hervorstechen, weil sie etwas schneller, besser wissen. Aus meiner Erfahrung hat sich für mich gezeigt, dass beide Seiten – die Lehrkraft und die LernerInnen mehr davon profitieren, wenn sie sich authentisch geben und nicht etwas vorgeben, um möglichen Erwartungen zu entsprechen.
Deshalb bist du eine gute Lehrerin und Trainerin:
- Du lässt dich auf deine LernerInnen ein und bist um ein vollständiges Gesamtbild von dir als Lehrkraft bemüht.
- Dein Selbstbild erweiterst du um die Eindrücke und das Feedback, das du von deinen SchülerInnen gespiegelt bekommst.
- Du begründest deine Schritte und bist daher transparent und nachvollziehbar.
- Deine SchülerInnen wissen, warum sie eine Aufgabe bearbeiten.
- Du gewinnst an Autorität, da du eine wichtige AnsprechpartnerIn und authentische Wegweiserin beim Lernen für deine Gruppe bist.
In den nächsten Blogartikeln möchte ich dir meine Nummer 2 und 3 für die Anzeichen dafür nennen, warum du eine gute Lehrerin und Trainerin bist.
Einen lieben Gruß,
sei gut zu dir,
Daniela
PS: Schreib mir gern: ciao@danielahell.com