Disziplin beim Lernen: erwünschte Tugend oder sinnlose Strenge?

Soll ich die Frage gleich beantworten? Es brennt mir unter den Nägeln! 
Ach, du wirst es sicher bald herauslesen. Also go on reading! 😉

Ich kam mir nämlich richtig blöd vor im Unterricht:
Ich will was und die Schüler*innen (alt und jung), begreifen nicht wirklich, was ich von ihnen will. Im Fremdsprachunterricht beispielsweise eine Höllenqual! Da sitzen meine Schäfchen und sagen und machen auf mein A nicht B, sondern irgendwas.

Frustrierend! Und zeitraubend! Eine richtige Geduldsprobe. 

Irgendwann hat’s mir gereicht. So ging’s nicht weiter, ich musste etwas anders machen und bald schon wusste ich, was in meiner Macht lag: Es mussten klare Regeln her!

Denn Regeln…

  1. vereinfachen das Miteinander,
  2. geben einen Rahmen und
  3. schenken allen Klarheit. Schön. 

Aber welche Regeln?

Oje. Das fordert ja erstmal Klarheit von mir als Lehrkraft und Trainerin. ICH sollte wissen, wie der Hase rennt. 

Ach, Klarheit, du ersehnte Tugend! Ist nicht immer einfach, klar zu wissen, was man will und braucht. Oder geht es nur mir so?

Als erstes muss ich also genau auf der Kette haben:

  1. was meine Prioritäten sind 
  2. wie erfolgreiches Lernen geht und 
  3. was ich deshalb von mir und meinen Schäfchen einfordere

Also erstmal: Innenschau.

Was lief bisher gut, was eher suboptimal, was gar nicht? Hehe, da kamen nach anfänglichem Zögern schnell einige Punkte zusammen! 

Gut. 

Und dann? 

Alles auf Neustart! 

Ein neuer Start mit der Gruppe oder dem/r Einzelschüler*in!
Mit neuer Energie! Klarem Ansatz! Nur Mut! Denn jeder Tag, jede Stunde, jede Minute kann ein Neunfang sein.

Meine neue Devise, um geordnete Gruppen und erfolgreiches Lernen zu ermöglichen ist seit längerem: charmante Strenge! Damit fühle ich mich wohl. Das entspricht meinem Wesen, und macht mich authentisch und meinen Unterricht wirksam und erfolgreich. 

Warum sage ich „charmant“? Naja, weil ich Regeln nachvollziehbar mache und sie erst mit den Schüler*innen bespreche, auf ihre Sicht der Dinge gespannt bin.

Und dann führe ich die neuen Regeln ein.  Endgültig.

Also nicht die Diktatorin, von oben herab, „ihr werdet es schon irgendwann verstehen“, sondern gleich von Anfang an transparent und verständlich. Weil sie allen Vorteile bringen!  

Auseinandersetzung mit den Regeln: Erklären, begründen, besprechen. 

  •  Regeln erklären: Wie sehen sie im Detail aus? Was bedingen sie? 
  • – Regeln begründen: Welchen Mehrwert bringen sie der Allgemeinheit? Warum sind sie angebracht?
  • – Regeln besprechen: Gibt es andere Gesichtspunkte? Einschränkungen, Erweiterungen? Sind sie wirklich jeder/m klar verständlich? 

Alles klar? Na fein! 

Aus meiner Innenschau habe ich für das Lernen, diese Regeln für folgende Bereiche gefunden: 

  1. Feste Lernzeiten etablieren (Pünktlichkeit, Regelmäßigkeit) 
  2. – Einen ordentlichen Lernplatz schaffen (vor Beginn des Lernens bewusstes Aufräumen)
  3. Ablenkungen während des Lernens beseitigen (Handy, Musik, Tv ausschalten und Tür zu)
  4. – Klare Abgabefristen angeben 

Ok. Puh! Jetzt sind die Regeln raus!

Und ab sofort GELTEN unsere neuen Regeln! Punkt, basta. Dachte sich die Lehrkraft euphorisch 🙂 Oder etwa doch nicht? 

Na, warum klappt es denn nicht?

Ist doch alles transparent erklärt und besprochen worden! 

Hiilfeeee!!! Wie schaffe ich es, dass die Regeln wirklich von allen EINGEHALTEN werden und nicht zum Witz werden? Oh, oh… 

Die Antwort kann nur lauten:

Konsequent, geduldig, stur und liebevoll. 

So ist meine Einstellung Regelverstößen gegenüber.

Nur Mut! Es braucht Ausdauer! Langfristiger Erfolg kommt ja (fast) nirgends über Nacht!

Also nicht schon beim 5. Mal (ja, das fünfte) das Handtuch werfen und die eigenen Regeln hintanstellen! No, no! Da büßt nicht nur die Glaubwürdigkeit ein!

Genau wie der Inhalt, das Fach an sich, will auch Disziplin erstmal gelernt werden!

Und gerade die Disziplin ist der unverzichtbare Grundstock des weiteren Lernens. Erst wenn der Rahmen gesetzt und von allen gleichermaßen eingehalten wird, läuft’s auch mit dem Lernen! 

Mit Disziplin setzt man einen gemeinsamen Standard, ein Regelwerk, dass das Miteinander festigt, ordnet und klärt:

  • Keine Zeit mehr vertrödeln: Die Hefte liegen schon auf dem Tisch, 
  • keine Unterbrechungen mehr: alle wissen, dass nun Lernzeit ist
  • keine energieraubenden Ausreden mehr: es ist klar, bis wann die Hausaufgabe abgegeben werden musste. 

Traumhaft! Das flutscht doch richtig, oder? Ich liebe den Flow, die Freude, die „In-die-Sache-vertieft-sein“, die im Unterricht unter klaren, gemeinschaftlichen Bedingungen aufkommt! 

Also bleib dran! Bleib standfest bei den sinnvoll aufgestellten Regeln für deinen Unterricht! Trainier deine Langatmigkeit, bestärke dich, sprich dir Mut zu und such dir Unterstützung für den Marathonlauf! 

Disziplin, Struktur und Ordnung sind das A und O von gemeinschaftlichen Lernen und Arbeiten.

Nimm Regelverstöße nicht persönlich, sondern verstehe sie als natürlichen Lernprozess! So wie man das Einmal Eins auch nicht auf Anhieb runterleiern kann, braucht es auch für die Form Zeit. 

Nach dem Motto Error-Repeat schaffe ich es als Lehrkraft und Trainerin, dass sich Regeln einschleifen. Hat nicht geklappt? Ok. Alles auf Anfang. Next try! Wieder daneben? Ok. Ich nehme es zur Kenntnis. Wir probieren es morgen wieder! 

Aber nicht nur die Endlosschleife hilft, die sonst wirklich endlos wäre. Nein, es muss auch Konsequenz da sein. Und zwar unmittelbar zum Fehlverhalten.

Die Konsequenz auf Regelverstöße soll unmittelbar und treffend sein. 

Nichts Abstraktes. Nichts Abgehobenes. Fern von der Erlebniswelt der/s Schülers/in. Konsequenzen sollen direkt mit der Erlebniswelt des Schülers/in in Verbindung stehen. 

Wenn ich zum Beispiel meinem Förderkind, das trödelt und zu spät erscheint, sage: „Unser Unterricht beginnt um … Jetzt ist es … Deshalb machen wir heute keinen Unterricht!“ Na, wie effektiv wird das wohl als Konsequenz angesehen? Wie sehr profitiert er/sei davon? Eher gegen null.

Da gehört also einiges an Kreativität, um die passende Konsequenz zu finden.

Merke: 

Nachgeben ist einfach keine Option. Nope. Nachgeben macht mich ohnmächtig. Nachgeben bringt dem/r Schüler*in keinen Mehrwert oder Wachstum. 

Disziplin, Ordnung, Struktur, verpönte Begriffe, sie haben vielmehr mit Liebe zu tun, als die rasche Lustbefriedigung und das Durchwinken von Fehlverhalten. Es ist sicher erstmal einfacher lasch zu sein, aber nicht nachhaltiger. 

Über Disziplin und Ordnung ist erst das befreiende Glückserlebnis möglich.

Schon mal von Morgenroutine und fester Yogapraxis gehört? Das fundiert ja auf den eben gleichen Prinzipien auf und lässt uns so gestärkt in den Tag gehen! Ich liebe das Gefühl (spätestens) danach: Yes! Ich habe mein Stückchen an Lebensqualität für heute beigetragen. Ich bin aktiv dabei mein Leben positiv zu formen. 

Disziplin lohnt sich. Und mehr noch: Es lohnt sich sie beim Lernen zu etablieren.

 

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Wie geht es dir mit diesem Thema? Stößt du an deine Grenzen oder fällt es dir leicht auf Struktur zu setzen? Hinterlasse gerne einen Kommentar! 

Sei gut zu dir, 
Daniela